Watashi wa Doitsu-jin des.

Tag 3/Etappe 2 - Vom Mount Fuji nach Sagara Beach

Angenehm ist das nicht. Nein, nicht wirklich. Wenn man so schwitzt, wie ich hier.

Meine Beine scheinen im Schlafsack zu schwimmen. Und obwohl ich den schon ab dem Bauch geöffnet habe, wälze ich mich die ganze Nacht nur unruhig hin und her - nichts passt. Die Iso-Matte ist zu schmal. Das "Kissen" - meine zusammengerollte Ziviljacke - ist zu hart. An den Füßen schleift das Zelt, zu lasch gespannt ...

Und dann der Regen. Es tropft unablässig auf die Plane. Nun hat Regen ja eigentlich etwas Beruhigendes. Nicht aber dieser. Es ist kein harmonisches Geräusch da über mir. Es sind Riesentropfen. Einzelschüsse. Es knallt jedes Mal, wenn so ein Karwenzmann das Zelt trifft. So kann ich nicht schlafen.

Ach, die Straße, die hatte ich ganz vergessen. Die Geräusche aus dem bewussten Selbst gestrichen bekommen. Aber dann, sobald ich mich an sie erinnere, bollert wieder ein Truck Marke "TÜV? Kenn ich nicht!" über den Asphalt und schon sind auch sie wieder präsent, die Geräusche, die tagsüber schon fast nicht zu ertragen sind. Nicht etwa, dass LKWs hier sowas wie ein Nachtfahrverbot hätten. Oder die LKW-Fahrer nachts schlafen würden. Nein. Die Verkehrsintensität hat nichts gegenüber der bei Tageslicht eingebüßt. Alle paar Sekunden donnert ein Truck vorbei, scheppert ein Anhänger, röhrt ein Motor, schleift ein Getriebe ...

Und dann meine Klamotten. Klarer Fall von Fehlplanung. Herbst in Deutschland, das verführt zum Sicherheitsdenken. Die mittlere Temperaturtabelle für Süd-Japan hatte auch "nur" bis 25 Grad Tagesmax versprochen - nachts 15 Grad.
"It´s going to be chilly out here", hatten sie mir dann noch vom Solar Café gemailt.

Klar, dass ich also ich anstelle kurzer Schlaf-T-Shirts und Boxershorts meine lange Wollunterwäsche und dicke Kuschelschafsocken mitnehme.

Und jetzt? Jetzt schwimme ich halt in meinem Zelt. Regeneration? Das einzige, was an diesem Wort für mich heute Nacht zutrifft, ist "Regen". Drinnen wie draußen.

5:30 Uhr. Nase voll. Ich stehe auf. Reißverschluss hoch. Kühle Luft strömt ins stickige Einmannwohnzimmer.

Draußen quillt dichter Nebel durch die Zweige der Tannen unter denen ich campiere. Der Duft entschädigt ein wenig. Frisch, feucht. Herrlich, wie der Sauerstoff das Hirn durchbläst! Sofort durchfährt mich wohliges Frösteln. Selbst meine Schweißfüße zittern ein wenig, als ich
in die regenkühlen Schuhe schlüpfe und schnell raus zum Pinkeln will.

Die Riesentropfen weichen sofort durch die dicke Wolle bis auf die Haut durch. Ich stelle mich an einen Komposthaufen. Der Regen hört augenblicklich auf. Moment mal?!?
Wieder zurück unter den Baum - pladautz, das Riesentropfenbombardement geht weiter.
Zum Komposthaufen - Stille.

Ah, ich verstehe. Der "Regen" ist in Wahrheit nur das Kondensat der dicken Nebelsuppe. Gefangene Feuchtigkeit, die von den Blättern und Nadeln aus den satten Schwaden gefiltert wird. Clever, dass ich jetzt ein triefend nasses Zelt habe, wo es drei Meter weiter staubtrocken geblieben wäre. Naja. Wieder was gelernt.

Dreißig Minuten später sitze ich beim Frühstück im Solar Café. Es ist kurz nach Sechs.
"Wir machen Dir ein Selbstbedienungsfrühstück fertig, wenn Du so früh los willst." Ah, Superservice! Also steht alles bereit? Sie würden sogar "western style breakfast" haben. Mit Kaffee. Heißa!

Im Solar Café ist es still. Alle schlafen noch. Ich versuche mit meinen Klicksohlen so leise wie möglich zu sein. Die dicken Holzbohlen unter mir knarzen, als ich mir das Breakfast besehe: Zwei dicke Scheiben Brot. Butter in einer kleinen Schale. Ein gefalteter Pfannkuchen mit Nutella. Ein kaltes, hart gekochtes Ei.

That´s it.

"Push the Button", steht auf einem Post it, das an der Kaffeemaschine klebt. Ich pushe. Es beginnt zu Röcheln.

Mmh. Das Brot - sicher lecker, da mit eigener Hand gebacken und aus eigenem, organischen Anbau - ist trotz der - eigenen, organischen - Butter dann doch recht ... wenig? Recht trocken? Das Ei ... naja, wenigstens ist es hart gekocht, erinnere ich mich schaudernd an die Labberorgien im Hotel. Eigenes Ei, Ehrensache, organisch, na klaro! Das Nutella auf dem kalten Pfannkuchen entpuppt sich als wohlschmeckende - eben eigenhändig organische - Kräuterpaste.

Ah, der Kaffee, freue ich mich, wenigstens Kaffee!

Oh. Keine Milch hier.
Kein Zucker.
Und die Maschine spuckt nur eine Tasse aus.

Also. Mmh. Das ist enttäuschend. Von 1.000 Yen abgesehen, die ich für Bio-Food gern bereit bin zu bezahlen, aber das ist enttäuschend. Nein, Solar Café, daran müst Ihr arbeiten!

Nicht wirklich besser gelaunt - und sehnsüchtig die nächste Lawson Station herbeisehenend - besteige ich kurz vor Sieben meine Speedmaschine. Winke den liebenswürdigen Visionären von der Earth Embassy und freue mich auf einen Industriecappucchino mit fettem "echt europäischen" Gebäck. Los gehts. Etappe 2.

Da stimmt doch was nicht?!

Für heute habe ich mir etwas ganz Tolles vorgenommen: Es geht knapp 70 Kilometer einfach nur nach Süden. Einen Stich zur Küste will ich machen. Und mich dann an selbiger bis nach Fukuroi entlang hangeln. Google Maps sagt 140 Kilometer. Mehr als gestern, aber auch nicht wirklich Ironman-mäßig. Und ich hoffe, dass mir der Gott der Höhenmeter heute etwas milder gestimmt sein möge, als gestern.

Es ist noch kühl, die dicke, feuchte Suppe ist so dicht, dass ich - na klar! - auch heute keine Chance habe, den Fuji-san zu sehen. Dabei steht der wahrscheinlich genau neben mir. Riesig, groß, erhaben. Aber eben in Watte gepackt.

Kondensat bildet sich an meinen Ellenbogen, die im Fahrtwind rasch abkühlen. Mein Magen knurrt, als ich auf verwaist glitzernden Straßen durch den dichten Wald fahre. Komisch - nachts um 2 Uhr war hier noch die Hölle los, und um 7 fährt man nicht mehr? Mmmh.

Ich fahre die ersten 5 Kilometer, finde meinen Tritt, dann endlich biegt die Straße nach links ab - von jetzt an geradeaus! Und runter ans Meer, bitte!

Doch zunächst geht es weiter mit der Waldfahrt. Ich bin immer noch im Naturschutzgebiet des Mount Fuji-Nationalparks. Satte, grüne und extrem steile Hänge über mir, die Straße windet sich in einem engen, wie einem V, nein, eher wie einem U geschnittenen Tal zu Boden. Eine leichte Schräglage verschafft mir zusätzlich Geschwindigkeit - mühelos erreicht meine schwere Speedmachine die 28, 29 km/h.

Flott. Nett. Weiter so!

Immer wieder blicke ich nach links, schiele durch den dichten Wolkenvorhang - verdammt! Irgendwo muss er doch sein, dieser "perfekte" aller Berge! Irgendwo muss sie doch schimmern, die weiße Schneekrone! Meine Güte, nun bin ich um die halbe Welt geflogen und das erste Naturhighlight versteckt sich vor mir?

33 km/h. Woppa! Es geht jetzt richtig bergab. Zwei, drei Prozent mögen das sein, ich muss mich richtig konzentrieren. Unter mir surrt die Rohloff nun immer öfter im Freilauf, immer mehr kann ich rollen lassen, die Arbeit der schiefen Ebene überlassen ... die mich antreibt, mich beschleunigt. Fröstelnd reibe ich mir abwechselnd die Unterarme, denn der schnelle Fahrtwind kühlt mich auf Zittertemperatur. 34 km/h, 35 km/h - Moment mal, werde ich misstrauisch - wer runter fährt, der muss irgendwann auch wieder hoch ... und so mache ich mich innerlich schon auf die kommenden Steigungen gefasst.

39 ... 40 km/h. Yessa, Steigungen? Können mich mal - hier rollt es jetzt so gut und so schnell, dass selbst die nun wieder häufiger anzutreffenden Autos umsichtiger planen müssen, wollten sie mich überholen. Immerhin fahre ich keine 20 mehr, sondern halb so schnell wie sie.

Plötzlich sehe ich es.
Wow!
War es ...? Ja? Okay?

Vollbremsung!

Ich komme ratternd zum Stehen. Springe aus dem Sitz meines Liegerades, fummle gekonnt meinen Fotoapparat heraus, lege an und ... schnapp! Schon schiebt sich eine Wolke davor. Ich schaue nach ... ist es etwas geworden? Habe ich ... ? Ja! Ich habe.

Bittesehr - da ist sie, die Flanke vom mächtigen Fuji-san:

Da, in der Mitte, zwischen Wasserdampf und Sonnenblendung, da sieht man ihn, den Berg. Vor meinem geistigen Auge verlängere ich de Abhang, vereine diesen mit einer imaginären Steigung von der anderen Seite. Und sehe mich vor ihm stehen.
Mächtig gewaltig!

Schon etwas beeindruckt lasse ich mich in den Sitz meiner Speedmachine sinken. Froh, ihn doch wenigstens partiell auf meinem Chip zu haben. Grinsend. Fuji - abgehakt. Ich klinke mich ein, gebe kaum Gas, schon wieder bei 40 km/h.
Hier stimmt doch etwas nicht!

Da kommt endlich ein weiteres Fuji-Besucherzentrum: Restaurant, Aussichtsplattform, Trödelmarkt mit Touri-Tünnef, Toiletten und ein kleiner Supermarkt. Frühstücks-Time. Ich halte an. Bevor die Steigungen kommen, will ich was im Magen haben.


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Ich rolle auf dem großen Parkplatz zwischen Touristenbussn und den unvemeidlichen Family-Vans herum - leider ist die amerikanische Unsitte dieser Riesenautos auch hier angekommen. Leider auch die noch schlimmere Unsitte, diese Spritschlucker mit laufendem Motor zu parken - und gleich habe ich zweihundert Augenpaare auf mir ruhen. Bekannte Routine.

Anerkennend lächeln sie mich an. Zücken ihre Fotohandys, zeigen ungeniert mit Fingern auf mich, rufen quer über den Parkplatz ihren Ehemännern zu, sich mal umzudrehen ... so parke ich das Rad, setze Helm ab, ziehe Handschuhe aus. Da steht der erste neben mir:

"Shi sha wa hi no wong hoi plonk padautz washi nishi Xcvh ...§§/)?", fragt er mich lächelnd.
Ich setze mein bedauerndes Gesicht auf, die einstudierten Sätze kommen immer ruckelfreier: "Sumimasen - wakarimasen!", sage ich. Sorry, ich verstehe nichts.
Er schaut mich an. Lächelt, fühlt sich geschmeichelt, dass ich ihm in seiner Sprache antworte. Aber irgendwie scheint ihn das nur zu motivieren: "Washi ma long hi nish wa tzu hong padong &%xxx§ $%?Ho__fu &%(§§?", erzählt er in einem Schwall unverständlicher Worte. Und lächelt, deutet dabei auf mein Fahrrad.

Ja, ja, schönes Rad, ich weiß, denke ich, und sage: "Watashi wa hotondo nihongo o hanse masen.", dabei verbeuge ich mich leicht. Ich spreche kein Japanisch, sage ich wieder.
Er grinst noch breiter. "Wa shi fu tzu hin /&/()()"Fggbvolptz%63/&", sagt er. "Where from?", meine ich, herauszuhören.
"Watashi wa Doitsu-jin des", ich bin Deutscher, sage ich.

Da wird sein Grinsen zum Lachen. Aaaah, da freut er sich. "Doitsu!", wiederholt er. Wow! Er freut sich so, einen Deutschen zu sehen, Doitsu, immer wieder Doitsu! Er flippt fast aus, beim Doitsu-jin.

Ich habe keine einstudierten Sätze mehr. Sage "Arrigato gozaimas!", Danke, und verbeuge mich, gehe lächelnd in den Touritempel. Er bleibt hinter mir stehen, wendet sich dem Fahrrad zu und untersucht noch einmal die Kettenführung. Wahrscheinlich summt er nun die Nationalhymne und stellt sich Neuschwanstein vor ...

Drinnen werde ich enttäuscht - ich hätte einen klassischen Touri-Laden mit Postkarten, Kugelschreibern, Wanderstöcken, Wandermützen, Schneekugel-Fuji-sans und allerlei Krams erwartet - stett dessen stehe ich in einer überdachten Markthalle, in der Bäuerinnen frisches Gemüse und, na klaro, sauer Eingelegtes (Japans Lieblingsmitbringsel) verkaufen.

Nebenan, im kleinen Laden, decke ich mich wenigstens mit einem Cappucchino und zwei Schokocroissants, über die ich später noch etwas sagen möchte, ein.
Draußen stehen sie und machen Fotos von meinem Rad. Ich gönne ihm den Ruhm und bleibe drinnen.

Da kommt ein Herr im Anzug auf mich zu, lächelt breit, freut sich richtig, streckt seine Hand nach mir aus - Japaner geben normalerweise nicht die Hand - und schüttelt sie mir.
Ich blicke verdutzt.
"My friend, good to see you again!", sagt er in gebrochenem, aber immerhin, Englisch.
"Ähh," stammle ich zunächst, "we know each other?", frage ich.
"Yes! Yes! You was here two years ago!", überschwänglich freut er sich über mein Comeback. Macht mit den Händen die Fahrradbewegung und lehnt sich dabei zurück - japanisch für "Liegerad"-Pantomime. "With this extravagant Bike!", und lächelt breit.
"Oh, ah.", mache ich da. "It´s my first time here, my friend, I´ m Sorry.", aber schön, dass er sich so beim Anblick einer Speedmachine freuen kann.

Macht nix, sagt er, dann bist du halt jemand anders - aber toll, dass du da bist! "Where are you from?", fragt er mich.
Also wieder meine Japanischkenntnisse rausholen: "Watashi wa Doitsu-jin des. I am german."

"Wow!", auch der Anzugherr flippt fast aus vor mir. "German, Doitsu! Very good, very good!"
Er klopft mir auf die Schultern, wünscht mir alles Gute und zieht glücklich von dannen.
Ich stehe da, alle schauen mich an.
Deutscher zu sein ist in Japan also Hauptgewinn.

Wenig später habe ich wieder 40 km/h auf dem Tacho und schieße durch einige kleine Dörfer. Der Wald und die engen Schluchten (mit im Winter beheizbaren Straßen) ist einem breiten, breiten Tal gewichen, neben mir die ebenen, riesigen Schachbrettflächen der Reisfelder.
Frau Sonne hat nun endgültig gewonnen, den Morgennebel vertrieben (außer rund um den Fuji, nach dem ich mich alle paar Minuten hoffnungsvoll umdrehe) und brutzelt nun kräftig herab. Will die Temperaturen in die Höhe treiben.

Aber das schaffe ich auch ohne sie. Ich fahre nämlich erst einmal auf die (für Fahrräüder verbotene) Autobahn.


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Irgendwo verpasse ich an einer Kreuzung - wahrscheinlich im Geschwindigkeitsrausch - das Schild, auf dem steht, dass meine Route 139 nun rechts abbiegen würde. Und schieße genau auf die Autobahn. Die Fahrbahn zweiteilt sich, die Autos beschleunigen, ich fage zu Schwitzen an und denke Au Backe, wenn jetzt, also ausgerechnet jetzt die Steigungen kommen! Au Mann, und dann die Polizei. Sehe mich schon: Rundumleuchten, Sirenen, Autobahnpolizei, Seitenstreifen, finstere Blicke ... und ich, was mache ich?

Na klar: "Watashi wa Doitsu-jin des", was sonst - wer, wenn nicht die Erfinder der Autobahn fahren auch auf ihr? Meine Klappe ist kleiner, als meine Machofantasie, das weiß ich, aber an irgend eine Hoffnung muss ich mich klammern, jetzt, hier, auf der Autobahn.

Schallschutzwände neben mir auf der einen, 130 km/h schnelle Autos auf der anderen Seite. Einen Seitenstreifen gibt es so gut wie nicht. Na fein, das kennen wir ja ...

Die Autobahn kippt nach unten, spült mich förmlich die Abfahrt hinab, 45, 50 km/h, ich holpere über jede Bodenwelle, fließe mit dem Verkehr. Alle starren mich an, keine hupt, ich schieße mit Speedmachine-Warp auf dem Highway entlang. 15 Minuten. Ich strampele, schwitze, röchelnd sauge ich Luft in die Lungen, kann 35 bis 45 km/h halten.
20 Minuten.
Ah, eine Ausfahrt.
Runter.
Es brennt in den Waden. Na, das war ein Ritt!

Vor mir, ich schaue, Fuji City.
Da, da hinten, wo der Dunst ist, ist das das Meer?

Hidden Pacific Coast Highway

Bevor ich ans Meer komme, muss ich mich durch die Stadt kämpfen. Die ersten Kilometer sind die Schlimmsten: Eins ums andere reihen sich die Pachinko-Spielhallen an einander, kilometerlang eine nach der anderen.

Japaner, vor allem die männlichen, sind verrückt nach diesem sonderbar antiquiert wirkenden, analogen Glücksspiel. Die Spielhöllen - sinnentleert und kitschig-rosig betitelt mit "You live your Live - as long as you live your dream" - sind grellbunt angemalte Betonkästen aus denen das Wummern irrelauter Musik dröhnt, wenn man sich ihnen zu sehr nähert.

Dann folgt, wie in allen modern-zersiedelten urbanen Gegenden, der unvermeidliche Shopping- und Autohauswerkstatt-Overkill. Kilometer um Kilometer komme ich an der "Aeon Mall", der "Megamall" und Dutzenden anderer Malls vorbei, dazwischen Riesenmärkte für "Brides", "Books & more" und - sehr schön - "My own Hands"-Baumärkte. Immer wieder aufgelockert von Autohäusern und Werkstätten.

Es ist 11 Uhr. Der Verkehr ist mörderisch dicht, ich muss aufpassen, denn einen Seitenstreifen gibt es hier nicht mehr, Stoßstange an Stoßstange rollt die Blechlawine. Es stinkt nach Benzin und Abgas. Am schlimmsten ist es, wenn ich an einer roten Ampel vorn zum Pulk der Roller komme - deren Abgase ätzen sofort die Nasenschleimhaut einige Millimeter dünner.

Ich lerne, dass ich noch nicht in Fuji City, sondern in der Zwitterstadt Fujinomya City bin, die beide miteinander verschmolzen sind. Industrie. Das ist alles, was ich sehe. Industrie. Schmucklose, träge dampfende Schornsteine, dazwischen, fast als stoffgewordene Depression, Wohnhäuser, erdbebensicheres Beton - aber deprimierend hässlich.

Ich gebe Gas. Will endlich ans Meer. Da sehe ich ein Hinweisschild. Es ist Grün. Viel versprechend. Geradezu revolutionär und motivierend: "Pacific Coast Bicycle Route".

Und es zeigt in meine Richtung.
Genial!

Es braucht dann aber noch fast eine ganze Stunde, bis ich aus dem dampfenden, stinkenden Moloch heraus bin. Okay, zur Verteidigung müsste vielleicht angemerkt werden, dass Fuji City bestimmt ein tolles Zentrum hat, ausladende Holzdächer, schicke Shinto-Schreine - aber hier, der Route 181 folgend ... eher nicht.

Irgendwann hat das Elend dann ein Ende. Eine lange Brücke. Dahinter - die berühmte Route 1, auf der ich nun fahre, geht weiter geradeaus - steht wieder das grüne Schild. Pfeil nach links - ein Deich entlang eines fast leeren Flussbettes, dahinter, keine 4 Kilometer entfernt, sehe ich das Meer. Eine kleine, süße asphaltierte Straße. Eine Schild nur für Radfahrer. Wow. Bin ich jetzt hier also im japanischen Radfahrparadies?

Ich entscheide mich, den Verlockungen der Pacific Bicycle Route zu erliegen und biege ab.

Entlang des Flusses wird es augenblicklich ruhig. Ich bin oben auf einem knapp 10 Meter hohen Erddeich (was muss dieses Flüsschen doch für ein Monster werden, wenn in den Bergen da hinter mir Schneeschmelze ist! Oder bauen die das wegen der seeseitigen Gefahren?) und blicke hinab auf saftige Wiesen, ein paar kleine Reisfelder und einen Sportplatz, auf dem eine aus mindestens 30 Schülern bestehende Mädchenklasse gerade Sport treibt.

Sie sehen mich, halten im Volleyballspiel inne. Ich winke. Dann rufen und kreischen sie und winken zurück. Ach, nett ... Schulmädchenuniformen, winkend. Ein schönes Bild. Ich behalte es für mich.

Es ist, natürlich, wieder heiß. Ich schwitze. Erst jetzt, da eine halbwegs frische Brise vom Meer her weht, wird mir das klar. Bin ja auch wie ein Besengter durchgeprescht. Und was soll ich sagen? Es kam keine Steigung. Nur bergab. Wahrscheinlich auf des großen Fujis Schulter geradelt. Gradient mit 3 Prozent, der mich stetig, schnell die Straßen hinabtrieb bis zur Küste.

Vielleicht als Wiedergutmachung des heiligen Berges dafür, dass er sich so vor meiner Kamera ziert?

Ich halte an einem einsamen Baum, parke meine schwer beladene Speedmachine und pinkle vom Deich. Herrlich. Gleich wieder Wasser nachschütten. Diesmal, so hatte ich am Touri-Laden des Fuji beschlossen, ist Schluss mit dem grünen Tee. Ich mag grünen Tee, keine Frage, aber ungesüßt ... und dann von der Sonne auf 25 Grad erhitzt. Nein, nicht wirklich erhebend.

Ab jetzt fülle ich meine Trinkflasche mit Getränken wie "Calpis Water", "Healthya" oder "Vitamin Water". Klingt sportlich. Auf einer Flasche ist sogar ein Läufer abgebildet. Na, wenn das mal nicht isotonisch ist?

Die Sonne brennt, alles fühlt sich an, als schmelze es in jedem Moment. Meine Beine, harte Muskeln, darüber eine weiche Schicht aus Schweiß und Sonnencreme, garniert mit allerlei schwarzem Staub, Sandkörnchen und Insekten. Meine Packtaschen, schön schwarz, erhitzt und bereit, in einen anderen Agreggatzustand zu wechseln. Ich habe Angst um meine Reifen. Irgendwann verschmelzen die sicher mit dem Asphalt, tropfen in langen Fäden einfach von der Felge. Ich bleibe stecken. In Gedanken.

Man, ich muss noch was trinken!

Irgendwann endet mein schicker Deich. Kein Schild von der Pacific Coast Bicycle Route. Wieder rauf auf die Route 1. Wie ein Schock trifft mich der Verkehr. Fauchend donnern schwere Trucks zum Greifen nahe an mir vorbei. Frische Seeluft? Von wegen. Feinstaub, den man mit dem Messer in Briketts schneiden könnte.

Eine lange Brücke. Noch enger die Fahrbahn. Eine Schlange hinter mir. Ja, ja, ich mache ja so schnell ich kann! Unter dem Helm bildet sich ein See. Der sitzt so fest, dass das Wasser nicht ablaufen kann, bilde ich mir ein, fasse mir an die harte Schutzschale, glaube ich etwa, ich könne mir so den Schweiß von der Stirn wischen?
Brücke geschafft. Phuuh. Rollen lassen.

Links geht wieder der Deichweg weiter. Aber kein Radschild. Ach egal, alles besser, als Ruß zu atmen.
Nach einigen Minuten bin ich wieder von Bäumen und Reisfeldern umgeben. Die großen Betonklötze weichen kleineren. Eigenheime. Klein, wieder schmucklos. Dafür die Gärten - wunderschön! Jedes Haus hat einen kleinen, meist nur zwei mal zwei Meter großen Garten. Ziergarten. Steine, kunstvoll arrangiert, Zypressen, Nadelgehölze. Schön.

Eine Gruppe alter Menschen spielt Cricket. Ich grinse.

Beim Blick zurück raucht Fuji City´s Schornstein.


Wo ist nur die Bicycle Road? Oder war das ein Studentenstreich? Ein Wahlkampftrick eines "grünen" Lokalpolitikers? Man weiß es nicht. Aber solange ich hier am Deich - unter mir die süßen Gärten, weit hinten die Berge und links das Meer - fahren kann, soll mir das Recht sein.

Kommunikationsversuche. Mal wieder.

Da stehe ich nun. Und weiß nicht weiter. Habe gerade Shizuoka passiert, bin guter Dinge. Alles rollt. Ich habe - glaube ich - sogar Rückenwind. Nicht viel, ein bisschen nur. Aber so viel, dass ich auf 30, 35 km/h komme. Es rollt. Genial.

Und dann stehe ich. Meine kleine, dreistellige, komfortable Route endet. Einfach so. Sie endet in einem Dorf, dessen einzige Existenzberechtigung ein Wanderweg hoch über mir an den fast senkrecht aufsteigenden Felsen zu sein scheint, die zu dem einem oder anderen Kloster führen. Und eine Eisenbahnhaltestelle.

Ansonsten endet meine Straße hier. Und mündet in die Autobahn. Expressway. Hier vierspurig ausgebaut. Auf Betonpfeilern. Eingezäunt. Massen an Autos schießen über 4 Fahrspuren. Und eine zweite Autobahn. Route 1. Ich denke an Maki und Ats - und erkenne, dass diese Route 1 die wichtigste "normale" Straße Japans zu sein scheint.


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Und so sieht sie auch aus: Kein Unterschied zum Expressway. Vier Spuren. Auf Stelzen. Massiger Verkehr. Eingezäunt. Verboten?

Verdammt! Denke ich, und setze mich erst einmal auf einen kleinen Parkplatz und trinke. Kleines Päuschen. Kartenstudium. Gibts hier wirklich keinen anderen Weg?
Scheint nicht. Und jetzt?

Ich fahre zur Bahnstation. Acht, neun Taxis parken da. Die Fahrer hocken auf Bänken, spielen Karten, rauchen, schnacken. Als ich vorfahre, stoppen alle Gespräche. Man schaut mich an.
"Konnichi wa!", rufe ich freundlich.
Sie antworten mir dasselbe. Mürrisch etwas, aber wenigstens antworten sie.

Ich zucke meine Karte, gehe auf sie zu.
"Sumimasen", sage ich. Entschuldigung. "Do you speak English?"
Sie schütteln ihre Köpfe, jeder sagt irgend etwas auf Japanisch.
Na egal, denke ich mir, dann sage ich halt was auf English.
"I want to go to Fukuroi", ich deute auf die Stadt. Ahhh, machen sie da, nicken. Nee, halt, ich hab da doch ein Problem: "Can I go on Route one?"
"Rutouan!", bestätigen sie. Einer steht auf, deutet auf die Straße hinterm Bahnhof und sagt: "Rutouan!"
Ja, weiß ich doch, aber kann ich da auch fahren? "And can I - with Bicycle - go there?" Ahhhh, machen sie da wieder, ja, ja, Bicycle, schönes Bicycle.
"Yes, but is it okay with Bicycle on Route one?"
Ratloses Schauen. Zwei drehen sich um und gehen.
Ach, schön.

Einer kommt dann doch näher. Seine lose im Mund hängende Zigarette dampft mir genau in die Nase. Er stellt sich neben mich, nimmt meine Karte. Und hebt an: "Shi tuo na ne&& 5§44)(/"""___ gung %&$§!"
Dann schaut er mich an. Kein Wort verstanden.
"Sumimasen, wakarimasen!", mache ich wieder. Dazu einhilfloses Gesicht. "Watashi wa hotondo nihongo o hanase masen, sumimasen." Kein Japanisch, Sorry. Mein Satz sitzt. Er lächelt. "Wakarimasen", wiederholt er nickend. Ja, genau, ich verstehe kein Wort.
Er sagt wieder etwas, die Worte "Route one" kommt drin vor.

"Yes, but CAN I go there? Is it GOOD for Bicycle?", versuche ich es, mit Händen und Füßen.
Von hinten ruft ein anderer was auf Japanisch. Ich lächle ihn an. Und denke "nee, lass mal, ich schaffe das schon mit einem von Euch Jungs nicht ...

"Rutouan -", er deutet auf die Monsterstraße. Dann die Handbewegung nach Süden. "Straighto! Straighto!", macht er noch. Also geradeaus? Also okay mit Fahrrad? Ich zeige mir selbst auf die Brust, dann mache ich mit Zeige- und Mittelfinger die Fahrradmännchengeste und lasse mein Handfahrradmänchen am ausgestreckten Arm auf der Route one nach Süden fahren.
"So, I can Bicycle on Route one?"
"Hai, hai!"
Wow, das war wieder eine Geburt!
"Ah, arrigato gozaimas!", mache ich da, verbeuge mich, lächle.
Er verbeugt sich auch. Sagt noch was, das wie "wo kommst du her?" klingt.
Und da kommt er wieder, mein Satz: "Watashi wa Doitsu-jin des." Ich bin Deutscher.

Als ich losfahre und winke fällt mir ein, dass er mich anscheinend gar nicht danach gefragt hat, wo meine Heimat sei. Muss schon komisch sein, wenn man 15 Minuten was zu erklären versucht, und der Verständnislose sich mit den Worten "Ich bin Deutscher" verabschiedet. Naja.

So brettere ich auf die Route 1 - Autobahnfeeling. Und merke, dass ich beim Gespräch mit den Taxi-Jungs mehr geschwitzt habe, als beim Radfahren selbst.

The great Walls of Japan

Ich halte es zunächst wieder für den Fuji-san. Hinter mir, im Rückspiegel. Endlich!, denke ich. Er ist es aber nicht. Naja. Wohl endgültig vorbei mit dem Berg der Berge.

Mittlerweile fahre ich auf einem Monster von Deich. Ich erinnere mich: Japan ist eine der geologisch aktivsten Zonen der Welt - und eines der am dichtesten besiedelten Länder. Tsunami ist ein japanisches Wort. Und eine ziemlich reale Gefahr.

Die Mauer, auf der ich hier jetzt fahre, könnte einem Sternenzerstörerangriff standhalten, stelle ich fest: Mehr als 10 Meter hoch, massivster Stahlbeton, geschwärzt, jahrealt, jahrzehntealt vielleicht, wind- und wettererprobt. Wie viele Riesenwellen haben sich an dieser Mauer schon gebrochen?

Einer ganz anderen Mauer, einer natürlichen nämlich, sehe ich mich wenig später gegenüber: Es sind eigentlich nur noch wenige Kilometer Luftlinie nach Yaizu, einem Zwischenziel meiner Strecke, als vor mir eine gewaltige Felswand aufragt.

Sie reicht bis in 400 Meter Höhe, geht atemberaubend bis an den Strand und fällt erst in Höhe der Wasserlinie fast senkrecht ab. Keine Möglichkeit, das Ding zu umfahren.

Tunnel! Und das auf der Route 1 - was hatte Ats in Tokyo gesagt? Je kleiner die Nummer, desto wichtiger, größer und vielbefahrener die Straße. Na herrlich.


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Ich komme näher. Die Straße steigt an. Bächen gleich stürzt der Schweiß nun unter meinem Helm hervor, juckt in den Augen, kribbelt am Kinn. Salz bleibt übrig, wenn die Schweißpfützen aus meinen Armbeugen verdampft sind. Ich nehme immer öfter tiefe Schlucke aus meiner Trinkflasche - selbst das leckere Calpis Water schmeckt nun ekelhaft.

Die Lungen brennen, heiße Sommerluft, die noch dazu hier, an der Steigung, wo die flimmernde Luft zu stehen scheint, vermischt sich mit schwarzem Qualm, der sich pechtriefend aus den glühenden Schloten der Trucks quetscht. Sie quälen sich fast so wie ich diese Steigung hinauf, ich kann förmlich das Klagelied jedes einzelnen Zylinders heraushören.

Ich kurbele mein Rad im kleinsten Gang empor. Verbissen. Versuche, mir ein Lied ins Gedächtnis zu rufen, dessen Takt zur Kadenz passt.
Mir fällt nichts ein, außer "Scheiße!" zu rufen.

Schneckengleich pelle ich mich den Berg hinauf. Irgendwann, eine Kurve, stehe ich vor ihm - der Tunnel.

Links geht der Radweg weiter. Verschwindet im Wald. Ich weiß schon, wie das da weiter geht. Kann es mir ausmalen - Steigungen, gegen die hier ein Kinderspiel waren. Aufgeplatzter, unbenutzter und ungepflegter Asphalt (wenn überhaupt), dürre Wege, die sich am Berg entlangschmiegen, abenteuerlicher Umweg, wird mich Stunden kosten. Und Nerven. Und Kraft.

Das große gelbe Schild vor mir kann mich nicht abschrecken. Ach, was solls, denke ich mir, schalte meinen Dynamo an und ziehe noch einen ordentlichen Schluck Warmes aus der Flasche. Dann mache ich mich klar - die Autos neben mir blicken blöde: Der will da doch nicht etwa durch?
Doch, will er.
Wird er.

Macht er dann auch.

Na, ist ja nicht mal ein Kilometer, denke ich mir. Die Steigung ist im Tunnel auch nicht mehr so stark und ... ahh, welche Wonne, als ich eintauche in die dunkle Röhre ... es ist kühl! Ach, wie ich es genieße, obwohl mich der erste knapp überholende Truck daran erinnert, mich zu hier gefälligst konzentrieren.


Na, war doch gar nicht so schlimm, denke ich, als ich mich umblicke, dem Tunnel Goodbye winke und mich frage, wie lange der Radwegumweg wohl gedauert hätte. Wahrscheinlich wäre ich noch nicht einmal auf dieser Seite des Berges.

Nur die Sonnenbrille, die hat im Dunkeln nicht wirklich geholfen.
Aber cool sah es allemal aus ...

Was folgt, ist eine halbstündige Fahrt durch die Vororte von Yaizu. Vorort - Chemiewerke, Schlote, Raffinerien, stinkende Fabriken auf der rechten, abgewrackt wirkende, leere Werften, kleinere Containerhäfen und Verladebahnhöfe auf der anderen Seite.

Irgendwann verlaufen Route 1 - hier über dutzende Kilometer ausgebaut wie eine ausgewachsene deutsche Autobahn - und die tatsächliche Autobahn nebeneinander. Dann sind acht Fahrspuren auf einer Breite von über 100 Meter auf Brücken und mächtigen Betonstelzen in die Landschaft gestellt. Nix mehr übrig vom Strand. Und darunter, ich habe es gesehen, wohnen noch immer Leute in ihren nun dunklen, ewig im Schatten unter den stetig dröhnenden Straßen liegenden, kleinen, engen Häusern.

Schlimm muss das sein, denke ich mir.
Immer Schatten. Dieser Lärm. Staub und Ruß. Kein Regen, keine Gärten, dabei lieben die Japaner ihre kleinen Oasen.
Nichts für mich.

Ich gebe Gas, versuche, so schnell wie möglich zu einer hoffentlich kleinen Küstenstraße zu kommen. Vorn sehe ich einen Rennradler in meine Richtung fahren. Nach 10 Minuten habe ich ihn eingeholt. Er erschreckt förmlich, als ich mit 35 km/h an ihm vorrüber ziehe. Aber wir grüßen und winken freundlich. Wenig später ist er weg.

Wenn Waden sterben

Irgendwann habe ich sie dann gefunden - die Straße, die ich wollte. Es ist zwar immer noch die Route 1, aber jenseits von Autobahnstress und eingezäunten Fahrspuren. Ich drehe mich um bei einer meiner Pausen und blicke nach hinten. Da, wo ich hergekommen bin. Wolken, dicht und dunkel hängen über den Bergen.

Selbst hier, selbst jetzt, weit nach Mittag, kann ich den Fuji-san nicht sehen. Arrogantes Biest! Ah, ich merke, wie hart diese Etappe doch eigentlich wieder ist. Mein Magen knurrt, die Knie haben sich auch schon mal besser angefühlt und meine Klamotten sind so nass, dass man denken könnte, ich komme aus einem Starkregen.

Die nächste Lawson Station ist nicht weit.

Innen, am Frischeregal, entdecke ich "Pasta al Arrabiatta". Na, mein Lieblingsgericht Italiens in Japan? Das muss ich probieren.
An der Kasse fragt sie mich wieder einen Satz. Ich kenne ihn. Schon oft gehört. Keine Ahnung, was genau sie da sagt, aber es meint: "Soll ich das Gericht für Sie aufwärmen?"
Denke ich.
Ich sage "Hai! Arrigato!"
Eine Minute später hat der Atomofen mein Gericht heiß geschossen. Dampfend, sogar mit einer Gabel, überreicht sie es mir, entschuldigt sich mit Verbeugung dafür, dass sie mich abkassieren muss.

Draußen hocke ich auf dem Randstein, parkende Autos laufen neben mir. Leute starren den bunten Vogel an. Mir egal. Ich esse. Lecker japanische Arrabiatta.
Ist das etwa Seetang da, über dem Parmesan?

Na, muss ja auch ne japanische Note haben. Klaro.

Wenig später bin ich wieder ganz nah am Wasser, oben auf dem Monsterdeich. Ein kleiner schmaler Weg. Aber dafür keine Autos. Leute spazieren, sitzen, meditieren oder joggen. Ein, zwei, drei Radfahrer, alles ältere Herren und Damen. Aber sie alle grüßen sich und mich und untereinander, als kannten wir uns schon ewig.

Es ist 14 Uhr. 120 Kilometer stecken mir in den Knochen. Ich falle in das tägliche Leistungstief. Und schaue immer wieder auf meinen Kartenausdruck: So weit noch? So weit, tatsächlich? Moment mal, hier stimmt doch was nicht?!?

Wenn ich jetzt hier bin, knapp hinter, oder mitten in, Yaizu, und schon 120 km auf dem Tacho habe, dann sind es bis Fukuroi, meinem Planziel, doch niemals nur noch 30 km?! Wie ist diese komische Distanzangabe denn zustande gekommen?
Ich schaue in meinen Campingführer, ob es nicht innerhalb der nächsten 20 Kilometer einen Campingplatz gäbe. Denn, Entschuldigung, 200 Kilometer fahre ich heute nicht! Meine Waden fliegen mir gleich um die Ohren, meine Knie glühen schon und dann sehe ich, dass ich mir einen fiesen Sonnenbrand an meinen Knöcheln geholt habe.

Ich finde einen Platz auf der Karte. Sagara Beach. Makinohara City, Yoshida City, so genau weiß man das hier nicht, ist wieder so eine Riesenstadt. Der Platz ist klein, hat nur 30 Plätze, aber dafür wohl am Strand. Klingt nett. Noch 30 Kilometer, schätze ich. Also auf gehts. Frisch und frei! Noch einen heißen Schluck kühlendes Healthya-Wasser hinunter gestürzt und ab geht die Post.

Oh weh. Wenn Waden sterben ... bin ich zum Weichei geworden? Frage ich mich, als ich mir wieder einen Sturzbach Schweiß aus dem Gesicht wische. Meine Handschuhe sind augenblicklich nass. Nee, ein Weichei bestimmt nicht. Wer bei 40 Grad ohne Schatten und 25 bis 30 km/h eine Last von 30 Kilo durch die Hitze prügeln kann, kann gar kein Weichei sein. Wo ist meine Sonnencreme?

California in Japan

Wow! Muss ich rufen, als ich endlich die dichten Städte verlassen habe und auch der Tsunamidamm nicht mehr so hoch ist - ich bin fast auf Meereshöhe! Weit hinten kann ich die Halbinsel Izu erkennen - berühmt für die vielen heißen Quellen und die Massen an traditionellen Bädern - Onsen genannt. Aber ein Onsen, so habe ich es mir vorgenommen, werde ich in Beppu, der Welthauptstadt der Onsen-Kultur, besuchen.

Blau scheint das Meer. Blau glänzt ein makelloser Himmel, an dem sich keine einzige Wolke zeigt. Blau schimmern auch die Berge im fernen Izu. Blau, basaltfarbig glänzt der Beton, auf dem ich nun fahre. Einzig die grotesk riesigen Betonwellenbrecher, die mich irgendwie an den Westwall erinnern, stören hier das Bild.

Dunkler, grober Vulkanstrand, dahinter Kühlung verheißender Pazifik. Einige Angler sind über die massiven Mauern geklettert, haben Rute und Ausrüstung über die Wellenbrecher balanciert und fischen nun in der wogenden Brandung.

Wie gern würde ich mir jetzt gern meine schweißnassen Kleider vom Leib reißen und einfach reinrennen! Warum mache ich es nicht? Ja, warum?
Vielleicht, weil es schon 16 Uhr ist und ich langsam wirklich Gas geben muss - ab 17 Uhr setzt in Japan um diese Zeit die Dämmerung ein. Und dann kann man tatsächlich zuschauen, wie die Sonne versinkt. In wenigen Minuten geht dann das Licht aus. Und ich zweifle, ob ich dann noch auf dem Zeltplatz einen Offfiziellen antreffe.

So sehe ich mich satt, versuche, mich mit Gedanken zu kühlen.
Die Beach Boys hallen mir durchs Gemüt.
Die gute Laune kehrt zurück - ich habe sie, meine kleine Küstenstraße.

Irgendwann erreiche ich den Ortsteil, zu dem sie mich alle schicken, wenn ich frage. Breiter, riesenbreiter Sandstrand. Davor, auf einem Surfbrett stehend, "Our Lady", die Freiheitsstatue aus New York City. Surfin´USA mitten in Japan.

Und tatsächlich. Am Strand parken die VW Bullys, auf den Dächern die Bretter, hier und da knackige Mädchen-Pos in engen Surfklamotten, draußen, in der Brandung, Jungs, die versuchen, standhaft zu bleiben.

Grillduft zieht in leckeren Schwaden an mir vorbei. Irgendwo hört jemand laut Reaggae. Die Eisverkäufer packen zwar schon ein, aber ich kann mir das hier richtig gut als überfülltes Surfer´s Paradise vorstellen.

Kalifornien in Kanji. Herrlich. Ich schalte ein paar Gänge runter, cruise den Strand hoch und runter. Genau da, hinter der Tsunami-Mauer muss er doch sein, der Campingplatz?! Mehrmals, zwei, drei mal fahre ich um den Kiez herum. Nix. Kein Campingplatz.

Da halte ich vor einer Hütte. Draußen, versammelt um einen Grill, drei, vier Japaner. Männer und Frauen, locker, lässig in bunte Shirts gekleidet, lange Haare, zottelig - so gar nicht das, was ich sonst gewohnt bin.
"Hi!", grüßen sie sofort. Zwei stehen auf.
"Sugoi!", ruft die eine begeistert über mein Fahrrad. Sie prostet mir mit einer Dose Asahi-Bier zu. "Sugooooi!", noch einmal.

"Konnichi wa.", rufe ich freundlich. Sie antworten im Chor. Jetzt steht auch der Mann auf, der eben noch lässig in der Hängematte an einem Joint gezogen hat (dabei werden doch gerade hier Drogenvergehen drakonisch geahndet?!?).

"Sumimasen", beginne ich und hebe an, meinen "ich spreche kein Japanisch"-Satz herunterzusagen. Wie immer, freuen sie sich, dass ich das in ihrer Sprache tue. Ach, denke ich mir, wenn ich den blöden Platz nicht finde, kann ich bestimmt bei dieser netten Kombo mein Zelt im Garten aufschlagen.
"Camping Site?", frage ich und schiebe ein "Tento." hinterher - japanisch für "Zelt".
"Ah, straighto, straighto!", sagen sie unisono - der Platz wäre nur die Straße runter.
Mmh. Da war ich doch schon zehn mal? Na, schauen wir mal.

"Arrigato gozaimas" - artig bedanke ich mich, winke und will losfahren. Da fragt sie, woher ich käme. "Doitsu-jin des.", antworte ich mal wieder.

"Wow! Yeah - Doitsu!", flippen sie da hinter mir aus.
Ich winke wieder.

Ja, sie stehen auf Deutschland hier.

Nur, warum dann um alles in der Welt die Freiheitsstatue? Müsste sich dann hier nicht eigentlich Goethe auf dem Surfbrett räkeln?

Are-ru ... American?

Also folge ich den Anweisungen der bizarren Reaggaejapaner und fahre noch einmal - langsam - die Straße hinab. Irgendwann komme ich an einen Parkplatz, eingezäunt von riesigen Palmen. Ein großes, buntes Schild steht da. Irgendwas Unleserliches steht darauf.
Zeltplatz?

Ich fahre auf den Parkplatz, dahinter ein riesiges Empfangsgebäude. Ich fahre vor. Ah, ein Schild. Mit Englisch sogar. "The Sagara Beach Golf Club". Mmh. Mist.

Ein, zweihundert Meter weiter die nächste freie, unbebaute Fläche. Nur Sand, kein Gras. Aber eine Schranke und ein Wachhäuschen. Auch diese Fläche - leer. Kenie Zelte, keine Camper. Na, ich fahre mal rauf. Von irgendwo ruft jemand. Ich drehe mich um - vier, fünf, sechs ältere Herren sitzen auf Campingstühlen und spielen Karten. Sie rufen. Ich lächle sie an, fahre in ihre Richtung, da springen sie auf und winken. Verjagen mich. "Hau ab!", machen ihre Arme. Richtig wütend sind sie, äh, hallo?
"Sumimasen ...", rufe ich, will fragen.
Sie schütteln energisch den Kopf, die "Hau ab!"-Gesten kommen jetzt aggressiver. Einer der Männer stellt einen Gartenschlauch an.
Und spritzt in meine Richtung.

Habt Ihr ´nen Knall?!? Wo ist denn bitte die japanische Hilfsbereitschaft?
Ich will noch was fragen, aber die werden jetzt richtig sauer.
Einen dicken Finger kann ich mir nicht verkneifen, dann drehe ich um und beschleunige. Kopfschüttelnd verlasse ich das Sandgrundstpück. Na, das war eh nicht der Zeltplatz. Hoffe ich.

Und tatsächlich, nur 50 Meter weiter finde ich ihn. Ganz klein ist er. Zwischen Eigenheimen, vielleicht 50 Meter breit, 100 Meter tief. Der Zeltplatz. Gras. Badehäuschen. Alles fein. Endlich!, stöhne ich, fahre auf das Gelände, stutze - denn auch hier ist alles leer - und halte an.

Just in diesem Augenblick hält ein Toyota vor mir. Ein älterer Herr, eine ältere Dame (seine Frau) und ein junges Mädchen steigen aus. Der Herr macht auch eine "Hau ab!"-Geste, aber wesentlich freundlicher. Ich steige ab. Nee, Jungs, jetzt erklärt ihr mir bitte, was hier los ist.

Alle drei kommen auf mich zu. Reden ununterbrochen auf Japanisch ...
"Sumimasen", das alte Lied, "wakarimasen - watashi wa hotondo nihongo o hanase masen!"
Er schaut ratlos sein Frau an. Das Mädel, vielleicht 13 Jahre alt, grinst mich an.
Er kommt auf mich zu, stellt sich neben mich: "Rangu pogi shi&/%& &%$%'*S tsuni ()/&!"
Man, Leute, W-A-K-A-R-I-M-A-S-E-N!
Er schnauft.
"English?", frage ich hoffnungsvoll.
"No Ingwish!", sagt er. Ah, das klang doch ganz gut?

Ich hole meinen Reiseführer raus, und schlage die Seite mit dem Hinweis auf Sagara Beach auf.
"Tento?", frage ich, deute auf die Seite.
"Hai! Hai!", macht da seine Frau und sagt noch was Japanisches hinterher, das wie "Jo, das ist unser Campingplatz!" klingt.
"Crose!", sagt der Mann.
Äh. Was?
"Crose ...", nun auch seine Frau.
Ach - closed?
"Hai, hai!", sie nicken. Und freuen sich.

"But ... but ... when closed?", ich bin wie vom Schlag getroffen.
"Today.", sagt er.
Wie, was? Heute, eben, gerade jetzt geschlossen? Was? Nee, oder - ist nicht wahr?! Mir fällt das Gesicht vom Kopf. Augenblicklich stehe ich da, muss aussehen, wie vom Blitz getroffen.
"Closed today?", frage ich nochmal.
"Crose today, hai.", sagt er.

Ich könnte heulen. Ich deute lustlos auf meine andere Karte: "Fuji-san - Sagara - I cycle today. And now closed? Where can I go?"
Ich versuche, die treuesten Hundeaugen zu machen, die ich habe. Disneyaugen.

Da redet die Kleine auf ihren Vater ein.
Auch seine Frau wendet sich an ihn.
Es klingt wie "Ach, komm, Daddy, lass den Typen doch hier schlafen ..."

Er schaut mich an.
Und stöhnt. Mir läuft Schweiß den dreckigen Hals hinab.

"1 Day?", fragt er.
"Hai! 1 Day. Tomorrow, at 7 - I will go." Hoffung keimt auf in mir.
"1 Day?", will er noch einmal wissen.
"Hai!", den Rest spare ich mir.

Wieder mustert er mich, von oben bis unten. Stöhnt dabei. Seine Augenlider zucken. Nee, das sieht nicht gut aus. Er atmet ein, schaut sich um. Scheint zu denken - Ach Kacke, das wars also mit dem Feierabend! Dieser Knilch versaut mir hier alles!

"Are-ru ... American?", will er wissen.
Ob ich Ami bin? Nee. "Watashi wa - Doitsu-jin des.", sage ich kopfschüttelnd. Deutscher bin ich. "Hamburg.", schiebe ich noch hinterher.
"Ah!", zum ersten Mal freut er sich.

"Okay. 1 Day!" Er lächelt er mich an. Nun kann auch ich wieder grinsen.

Und so kommt es, dass in der warmen, untergehenden Sonne mein Zelt das einzige Zelt bleibt auf diesem Campingplatz. So kommt es, dass ich der einzige Badegast im Badehaus bin. Und so kommt es, dass die liebe Zeltplatzfamilie es nicht übers Herz bringt, mich, den armen, schwitzenden, deutschen Liegeradfahrer wieder von dannen zu schicken.

Ich fasse es kaum, als ich im heißen Strahl der belebenden Dusche stehe. Frisches Waschgel rieche, mir den Smog und den Staub der Straße abwaschen und so endlich mal wieder befreit durchatmen kann.

Etappe beendet!

Mein Gott, wie knapp war ich davor, bei den kiffenden Japanern um Asyl fragen zu müssen - nicht, dass das nicht auch lustig gewesen wäre. Aber eines steht fest: An ruhigen Schlaf wäre bei diesen Partypeople nicht zu denken gewesen.

Unten am Meer - dort schlendere ich hin, nachdem ich zu Abend gegessen hatte - versuchen noch einige wenige Harte die Abendbrandung auszunutzen. Ich muss immer wieder grinsen, denn das denkwürdige Gespräch mit der Zeltplatzfrau vorhin will nicht aus meinem Kopf:

Ich: "Do you stay here?", will ich wissen, denn einer muss ja auf Zelt und Rad aufpassen.
Sie: "Lawson Station? Straighto - left.", sagt sie und weist mir den Weg zum Laden.
Ich: "Ah ... arrigato!", bedanke ich mich. Denn wo der nächste Laden ist, wäre dann auch meine zweite Frage gewesen.

Golden geht die Sonne unter. Ich bin satt. Ich bin sauber. Ich bin geschafft, aber, und das ist das Wichtigste, ich bin angekommen. Zwar nicht da, wo ich wollte, aber ich muss mir nicht irgendwas irgendwie irgendwo suchen, ich habe einen Zeltplatz. Herrlich.

Draußen rauscht das Meer, etwas verhalten und gedämpft durch die Tsunami-Mauer, aber ich höre es. Kann es sogar gegen das konstante Dröhnen des Notstromaggregates hören, das zwei Parzellen weiter auf Hochtouren läuft, kann den Wellenschlag unterscheiden gegen das Getrommel einer japanischen Drums-Gruppe, die sich irgendwo hier im Kiez versammelt hat und nun wild probt, kann es fein heraus hören gegen das Mähen der startenden Flugzeuge, die hier irgendwo starten und landen.

Das Meer, das schöne Meer.

Ich schwitze schon wieder. Lasse mein Zelt offen - nur die Insektengaze bleibt unten. Ab und zu kann so ein erfrischend salzig duftender Lufthauch ins stickige Innenzelt dringen. So liege ich da - auf meinem Schlafsack, in dicke Wolle gehüllt.

Draußen läuft der Zeltplatz-Daddy noch stundenlang herum. Diese fleißigen Leute finden auch immer noch was zum Arbeiten, denke ich mir, und versuche, den Schlaf zu finden.

Kann es aber nicht. Muss an Daheim denken. An meine Freunde. Meine Kollegen. Es fällt schwer, Abstand zu gewinnen. Vielleicht liegt es daran, dass diese Erinnerungen das einzige sind, die mir Halt geben in diesem so fremden, so vollkommen anderen Land? Irgend etwas, an das ich mich krallen kann, das mir wenigstens bekannt vorkommt?

Was ist das nur? Dieses "japanische Gefühl", dieses Fremdsein. Dieses Unvermögen, die Menschen lesen zu können. Dieses Außenstehen, nicht reinkommen. Da sein, teilhaben, aber nicht ankommen.

Abseits, draußen. Keine Chance.

Da ist selbst die Erinnerung an die stressigsten Agenturtage wie Heimat. Vertraut. Ich liege da, wälze mich in meiner Suppe. Und mache mir Sorgen.

Google Maps lügt

Es beunruhigt mich, dass ich so auf Google angewiesen bin. Meine ganze Tourenplanung, alle Etappen, die Distanzen und die Höhenmeter, die Streckenprofile - alles beruht auf Google-Daten. Wie eine dieser vielen Riesenspinnen, so groß wie eine Kindeshand, die hier überall in den Bäumen ihre noch riesigeren Netze haben, wie eine dieser Riesenspinnen ist Google. Hat sein Netz gespannt. Einmal drin, kommt man nicht mehr heraus.

Mein Problem ist, dass ich mit Google für heute eine 157 km-Etappe nach Fukuroi geplant hatte - aber bereits hier, in Sagara Beach schon 142 km verfahren habe. Und bis Fukuroi, so schätze ich auf meiner Landkarte, wären es sicher noch locker 40 bis 50 km.

Also eine Fehlermarge von 40 Kilometer pro Etappe? Wie soll ich dann das alles schaffen? Jede Distanz, jeder Ruhetag, jede Fähre baut auf dem Vortag auf. Wie soll ich das schaffen?

Ja, klar, beruhige ich mich, du bist im Urlaub. Mach mal halblang. Das ist keine Tour de France. Aber. Aber ankommen. In time. Das muss ich schon. Kein Platz für Fehler. Und nicht zu vergessen - das Shinkansen-Ticket in meiner Brieftasche. Der Zug, dieser eine Zug, der am 9. Oktober um 12:44 Hiroshima Station verlassen wird, das ist meiner. Und den MUSS ich kriegen.

Ich liege noch lange wach. Lange, bis nach Mitternacht. Noch 7 Stunden Schlaf. Noch 6 Stunden Schlaf. Noch ... 5 ... Stunden ... dann ist der Doitsu-jin eingeschlafen. Und die Trommeln, sie trommeln noch, die Flugzeuge, sie starten noch. Und das Meer. Das Meer wiegt mich rauschend in die Tiefe eines Traumes.

Gefahren: 142,12 km in heißen 5:40 Stunden mit einem richtig guten 25 km/h-Schnitt.